"Ohne den Staat sind wir im Eimer" - 11.2.21

Reisebüros und Busunternehmen stecken tief in der Krise - eine Zukunftsperspektive sehen sie derzeit nicht

Maximilian Reinalter, Karin Flöter und Horst Bottenschein sind ratlos: Nicht nur, dass sie im Moment keine Einnahmen generieren - sie sehen derzeit auch keine Perspektive für die Zukunft. (Foto: Helen Belz)

Von Helen Belz
Laupheim

„Ich habe bereits die Hälfte meiner Altersvorsorge für mein Reisebüro verbraucht.“ Karin Flöter wischt sich die Tränen aus den Augen. „Ich weiß langsam wirklich nicht mehr weiter“, sagt sie und schluckt. In der Bushalle des Reiseunternehmens Bottenschein herrscht betroffenes Schweigen. Justizminister Guido Wolf und Landtagsabgeordneter Thomas Dörflinger (beide CDU) sind zum Krisengespräch nach Laupheim gekommen - und auch sie zeigen sich ratlos. Die Touristik-Branche steckt in massiven Schwierigkeiten. Und eine Aussicht auf Besserung gibt es nicht.

„Eigentlich würden wir zu dieser Zeit jedes Wochenende die Narren zu ihren Umzügen fahren“, sagt Horst Bottenschein, Geschäftsinhaber des gleichnamigen Busunternehmens. „Oder die Kinder zu ihren Skikursen.“ Er lächelt wehmütig. Für das Jahr 2020 habe er eigentlich mit 30 Millionen Euro Umsatz geplant. „Das konnten wir uns ziemlich schnell abschminken.“ Statt dessen: 90 Prozent Umsatzverlust.

Seit fast einem Jahr macht die Corona-Pandemie das Reisen unmöglich. „Anfang vergangenen Jahres hatten wir sogar Flüge von Memmingen aus gechartert“, sagt Bottenschein. Umsonst. Sämtliche Reisen wurden storniert, das Geld musste er den Kunden erstatten. Keine Einnahmen, dafür viele Ausgaben prägen das Bild der Branche. Denn auch der Linienverkehr bringt kein Geld - die Busse fahren zwar, haben aber eine sehr geringe Auslastung. Die meisten Busse stehen in den Hallen und auf Parkplätzen, werden regelmäßig gewartet - und verlieren währenddessen massiv an Wert. „Kurz vor der Krise haben wir einen top modernen Reisebus gekauft - er war noch kein einziges Mal auf der Straße“, sagt Bottenschein. Vier seiner Busse habe er verkauft, aber die Preise seien dermaßen gesunken, dass das keine Lösung sei.

Förderprogramme und Überbrückungshilfen sollen den Reisebusunternehmen unter die Arme greifen. Am Mittwochvormittag erst hat die Landesregierung verkündet, das Förderprogramm von 2020 weiterzuführen. So stehen für beide Jahre insgesamt 40 Millionen Euro zur Verfügung. „Darüber sind wir froh, keine Frage“, sagt Bottenschein. „Aber was passiert, wenn der Fördertopf verbraucht ist?“

Denn das Problem, das den Busunternehmern und Reisebüroleitern im Moment die größte Sorge bereitet, ist die Zukunft. „Angenommen, wir besiegen das Coronavirus und können mit dem Normalbetrieb starten - wir brauchen ein halbes Jahr an Vorbereitungen, bis wir Reisen anbieten können“, sagt Bottenschein. Und die Aussicht einer Öffnung sei im Moment noch lange nicht vorhanden. Maximilian Reinalter, der vergangenen Juli in die Leitung des Busunternehmens Reinalter eingestiegen ist, sieht das genauso. „Ich glaube nicht, dass sich die Branche nach der Krise schnell erholt“, sagt er. „Ich mache mir extreme Sorgen über die Zukunft.“

Justizminister Guido Wolf (CDU, links) und CDU-Landtagsabgeordneter Thomas Dörflinger im Krisengespräch mit Busunternehmern und Reisebüroleitern. (Foto: Helen Belz)

Die Schilderungen der drei Unternehmer gehen an den Politikern nicht spurlos vorbei. „Die Politik kann leider nicht alle Probleme lösen, es wäre unseriös, das zu versprechen“, sagt Guido Wolf. Aber der Staat habe lange genug von Steuereinnahmen profitiert - es sei Zeit, etwas zurückzugeben. „Es ist deutlich geworden, dass Sie außerdem einen Stufenplan brauchen“, ergänzt Thomas Dörflinger. Nach der Pandemie dürfe die Touristik-Branche nicht vergessen werden. Besonders die Situation der Reisebüros machte die Politiker betroffen. „Ihnen wurde das Produkt weggeschlagen und es ist nicht absehbar, wann Sie es zurückbekommen“, sagt Wolf.

Karin Flöter nickt. Von den Überbrückungshilfen, die sie vergangenen Sommer beantragt hat, hat sie bisher nichts bekommen. Ihre beiden Mitarbeiterinnen haben sich andere Jobs gesucht. „Das kann ich ihnen nicht verdenken. Warum sollten sie in einem Job ohne Zukunft bleiben?“ Falls sie irgendwann wieder Reisen planen kann, muss sie das also alleine tun. Und: „Wirklich Geld verdienen können Reisebüros nur, wenn es um Flüge geht“, erklärt sie. Und wann die wieder stattfinden, sei bekanntlich nicht absehbar. „Ich weiß nicht mehr weiter. Ohne den Staat sind wir im Eimer.“

Copyright Schwäbische Zeitung - Ausgabe Laupheim vom 11.2.2021

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