Land kommt Bauern bei Gülle-Regeln entgegen - 23.9.24
Von Paul Martin
Bayern und Baden-Württemberg kommen den Bauern bei der EU-Düngeverordnung. Das könnte Landwirten hohe Investitionen ersparen.
RAVENSBURG - Für Landwirte sollten ab 2025 strengere Regeln im Umgang mit Gülle gelten: Gemäß der EU-Düngemittelverordnung ist ab dem kommenden Jahr das Ausbringen mit dem sogenannten Breitverteiler - dieser spritzt die Gülle in hohem Boden auf die Wiese - verboten. Doch jetzt präsentiert eine bayerische Forschungsanstalt neue Erkenntnisse. Und das „Bschütten“, wie man es in der Region kennt, bleibt unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt.
Eigentlich sieht die EU-Verordnung ab 2025 eine bodennahe, streifenförmige Ausbringung des Düngers vor. Das bedeutet, dass die Gülle durch viele Schläuche am Fass direkt auf die Wiese fließt. Das Ziel sind weniger klimaschädliche Ammoniak-Emissionen.
Für die Bauern bedeutet das teils hohe Investitionen in die neue Technik. Hinzu kommt, dass bei der bodennahen Ausbringung Fest- und Flüssigstoffe getrennt werden müssen. Auch das kostet Geld - laut Experten mehr als zwei Euro pro Kubikmeter Gülle.
Viele Bauern haben schon umgerüstet. Wegen der hohen Kosten tun sich oft mehrere zusammen. Manche geben die Gülle auch in Biogasanlagen und bringen dann die Gärreste aus. Aber einige Bauern haben ihre Hoffnung darauf gesetzt, dass die Düngeverordnung auch andere Verfahren zulässt, die ebenfalls wenig Ammoniak freisetzen. Genau die soll es jetzt geben.
Der „Spitalhof“ bei Kempten, die Grünlandversuchsstelle der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft, hat die unterschiedlichen Techniken auf das Freisetzen von Ammoniak untersucht. Ergebnis: Auch mit einem sogenannten Schwenk-Verteiler können Richtwerte eingehalten werden. Unter bestimmten Voraussetzungen darf die Rindergülle damit weiter „klassisch“ ausgebracht werden.
Und was haben die Bauern in Baden-Württemberg davon? Das wollten die CDU-Landtagsabgeordneten Raimund Haser (Wangen), Klaus Burger (Sigmaringen) und Thomas Dörflinger (Biberach) von Landwirtschaftsminister Peter Hauk (ebenfalls CDU) wissen. In einem Schreiben an den Minister - der Briefwechsel liegt der „Schwäbischen Zeitung“ vor - fordern sie: „Aufgrund der Erkenntnisse der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft plädieren wir - auch im Sinne der Gleichbehandlung von Landwirten beider Länder - für eine entsprechende Regelung in Baden-Württemberg.“ Die soll es geben, wie aus dem Antwortschreiben des Ministers hervorgeht.
Konkret heißt es darin: „Im Zuge der Harmonisierung zwischen den rinderstarken Ländern im Süden Deutschlands wird in Baden-Württemberg der zulässige TS-Gehalt für Rindergülle auf 4,6 Prozent angehoben.“ Außerdem will Hauk zusätzlich eine Karenzzeit für bereits bestellte, aber noch nicht gelieferte bodennahe Ausbringtechnik einführen, „wenn nachweislich keine überbetriebliche, bodennahe Ausbringtechnik zur Verfügung steht“.
Auch sonst will Hauk sich für Erleichterungen stark machen: Die Bauern bräuchten mehr „Entscheidungsfreiheit und Handlungsspielraum im Düngebereich“. Er setze sich dafür ein, die Stoffstrombilanzverordnung abzuschaffen, keine Nährstoffbilanzverordnung zu erlassen und die Aufzeichnungsfrist nach dem Aufbringen von Düngemitteln zu verlängern.
Beim Bauernverband kommt die Nachricht erwartbar gut an. „Nun hat man Klarheit geschaffen und eine gute Lösung für die landwirtschaftlichen Betriebe gefunden,“ freut sich die aus Wangen stammende Vizepräsidentin des Landesbauernverbands BW Roswitha Geyer-Fäßler. „Und gleichzeitig wird ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet.“
>
© Schwäbische Zeitung, Ausgabe Biberach vom 23.09.2024