Nachfolgersuche früh angehen - 12.8.25
Einen Nachfolger zu finden, stellt Zimmereien oft vor Schwierigkeiten. Innungsobermeister Max Steigitzer über Herausforderungen für das Zimmererhandwerk und die Zukunft des Bauens.
Von Birgit van Laak
MASELHEIM - Die Lage und die Zukunft des Holzbaus: Boomjahre, die Phase exorbitanter Holzpreise und schließlich der Einbruch der Bauwirtschaft - die Zimmereien haben turbulente Jahre hinter sich. Aktuell sei die Nachfrage da, das Neubaugeschäft fange wieder an, berichtete Innungsobermeister und Inhaber der Maselheimer Zimmerei Max Steigitzer beim Besuch des CDU-Landtagsabgeordneten Thomas Dörflinger.
Dörflinger, handwerkspolitischer Sprecher seiner Fraktion, hatte an dem Vormittag zunächst als „Praktikant“ ins Zimmererhandwerk hineingeschnuppert, um dann über Herausforderungen des Handwerks ins Gespräch zu kommen.
„Die Zukunft des Bauens ist der Hybridbau“, berichtete Steigitzer. Der Hybridbau verbindet die Materialien Holz und Beton. Aus Beton werden das Fundament, Decken und Aufzugschächte gefertigt, während die Gebäudehülle aus Holz gebaut wird. Auf diesen Trend stellt sich die Baubranche ein. Große Baufirmen kauften teilweise Zimmereien auf, berichtete Steigitzer. „Sie schauen, dass die Zimmereien weiterlaufen.“
>
"Werden hier keine Nachfolger gefunden, droht eine Verschlechterung der flächenweiten Versorgung mit handwerklichen Dienstleistungen und Produkten." Zimmerer-Innung
>
Ein weiteres Zukunftsthema für das Handwerk: Kooperationen von kleineren Betrieben. Bei der Vorfertigung wird dann zusammengearbeitet, denn die nötigen Anlagen bedeuten Investitionen im sechsstelligen Bereich, so der Innungsobermeister. „Netzwerke zu bilden, ist immens wichtig“, betonte Steigitzer.
Ausbildung: Die Zeiten, in denen Zimmerer als Männerberuf gegolten habe, seien vorbei, sagte der Biberacher Obermeister. In seinem Betrieb bildet er eine junge Frau im dritten Lehrjahr aus.
Dana Künstner hatte sich zunächst für eine Ausbildung zur Bürokauffrau entschieden. „Nach einem halben Jahr habe ich gesehen: Das ist nicht das Richtige für mich“, erzählte sie. Ihr Vater ist Zimmerer und so beschloss sie, in den Beruf hineinzuschnuppern. In der Zimmerei Steigitzer war für sie schnell klar: Das ist das Richtige. Sie blieb sie nicht nur zwei Wochen, sondern verlängerte ihr Praktikum bis zum Start der Ausbildung. Ihre Chefs Max und Christian Steigitzer lobten ihre Leistungen. Sie glänze mit Bestnoten, berichteten die beiden Zimmerermeister.
„Das Zimmererhandwerk ist auf Frauen angewiesen“, betonte der Innungsobermeister. Im Zimmererberuf gebe es viel zu wenig Frauen. Bei acht Prozent lag der Frauenanteil in Baden-Württembergs größtem Zimmererausbildungszentrum in Biberach im Schuljahr 2024/25, so die Zahlen des Landesverbands Holzbau. Das sei mehr als vor zehn Jahren, aber eben immer noch im einstelligen Bereich, so Pressesprecher Mackowiack. „Luft nach oben ist also noch gegeben!“
Die Nachfolgefrage: „Nachfolge ist ein wichtiges politisches Thema“, sagte Dörflinger. Im Landkreis Biberach stehen laut Handwerkskammer Ulm 464 der 2871 Betriebe in den kommenden Jahren vor einer Übergabe, weil Inhaber altersbedingt aufhören. Das entspricht einem Anteil von 16 Prozent. Fast jeder sechste Betrieb muss somit einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin zu finden.
>
"Betriebe müssen teils drei bis vier Mitarbeiter zum Meister heranziehen, bis sie jemanden haben, der übernimmt." Max Steigitzer
>
Weil die geburtenstarken Jahrgänge nach und nach ins Ruhestandsalter kommen, rechnet die Kammer damit, dass sich die Problematik weiter verschärfen wird. Der Anteil der Betriebe, die zur Übergabe anstehen, könnte folglich noch um ein, zwei Prozentpunkte ansteigen, schätzt die Kammer.
„Werden hier keine Nachfolger gefunden, droht eine Verschlechterung der flächenweiten Versorgung mit handwerklichen Dienstleistungen und Produkten“, teilt die Kammer-Pressestelle auf Anfrage mit. Aktuell versorge ein Betrieb im Landkreis Biberach 72 Einwohner, diese Zahl könnte sich dann erhöhen.
Auch das Zimmererhandwerk spürt die Entwicklung. Zahlen erfasse man dazu nicht, sagte der Pressesprecher des Landesverbands Holzbau der „Schwäbischen Zeitung“. Aber das Thema Nachfolge sei „dringlich“.
Steigitzer selbst hat das Glück, dass in seiner Zimmerei ein Familienmitglied bereitsteht. Mit Sohn Christian ist die 1989 gegründete Zimmerei für die Zukunft aufgestellt. Aber der Innungsmeister weiß: „Viele Betriebe tun sich schwer bei der Nachfolgersuche.“
Betriebe sollten sich mit dem Thema frühzeitig befassen, empfahl er. Wer niemanden in der Familie hat, muss Ausschau nach einem externen Interessenten halten oder hoffen, dass ein Mitarbeiter das Unternehmen übernimmt. Doch das kann viel Zeit unid Geduld kosten.
„Betriebe müssen teils drei bis vier Mitarbeiter zum Meister heranziehen, bis sie jemanden haben, der übernimmt“, berichtete der Innungsobermeister. Mit 55 Jahren sollte man anfangen, sich um die Nachfolgefrage zu kümmern, sagte er. „Sonst klappt es nicht, bis man im Ruhestandsalter ist.“

Innungsobermeister Max Steigitzer (l.) und Christian Steigitzer (2. v. r.) sprachen mit dem CDU-Landtagsabgeordneten Thomas Dörflinger (Mitte) und Kreishandwerkerschafts-Geschäftsführer Fabian Bacher über Herausforderungen des Zimmererhandwerks. Ein Thema war auch die Ausbildung (im Bild: Azubi Dana Künstner). Foto: Birgit van Laak